Die juristische Realität: Die magische 1 %-Grenze
Die Schweizer Gesetzgebung, insbesondere das Betäubungsmittelgesetz (BetmG), zieht eine klare Linie:
- Illegales Cannabis (THC): Cannabisprodukte gelten als verbotene Betäubungsmittel, wenn sie einen Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalt von 1,0 % oder mehr aufweisen. Der Besitz, Handel und Konsum dieser Produkte sind verboten und werden strafrechtlich verfolgt (obwohl der Besitz von bis zu 10 Gramm für den Eigenkonsum meist nur mit einer Ordnungsbusse geahndet wird).
- Legaler Hanf (CBD): Produkte mit einem THC-Gehalt von unter 1,0 % gelten als Nutzhanf und sind keine Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes. Sie sind legal im Handel erhältlich. Dies ist die Grundlage für den sogenannten CBD-Markt.
Ein frei zugänglicher “Online-Shop” im herkömmlichen Sinne für Produkte mit berauschendem THC-Gehalt ist somit in der Schweiz nicht legal.
2. Der florierende CBD- und Headshop-Markt
Was die Schweizer Online-Shops und physischen Läden tatsächlich anbieten, sind Produkte, die den gesetzlichen Anforderungen des Nutzhanfs genügen. Diese Shops bilden den Kern dessen, was Konsumenten heute unter einem “Hanf-Shop” verstehen.
Der CBD-Boom
Der Wirkstoff Cannabidiol (CBD) ist nicht psychoaktiv und erfreut sich wegen seiner angeblich entspannenden und entzündungshemmenden Eigenschaften grosser Beliebtheit. Die Schweiz war eines der ersten Länder, das diesen Markt öffnete.
- Produktvielfalt: CBD-Shops – viele davon als Online-Shops – bieten eine breite Palette von Produkten an:
- CBD Blüten & Hanf (als Tabakersatzprodukt deklariert)
- CBD Öle und Tropfen (als Aromaöl oder Nahrungsergänzungsmittel)
- CBD Kapseln, Kosmetika und Edibles
- Qualität und Regulierung: Die Produkte stammen oft aus kontrolliertem Schweizer Anbau. Die Anbieter müssen strenge Vorschriften bezüglich des maximalen THC-Gehalts einhalten und die Produkte klar deklarieren.
Headshop, Growshop und Lifestyle
Der traditionelle Headshop-Bereich, der ebenfalls oft online vertreten ist, ist von der THC-Debatte indirekt betroffen:
- Headshop: Hier finden sich Raucher-Zubehör wie Pfeifen, Bongs, Papers, Grinder und Vaporizer. Diese Produkte sind legal, da sie nicht das illegale Betäubungsmittel selbst enthalten. Sie sind für Tabak oder legalen CBD-Hanf bestimmt.
- Growshop: Ausrüstung für den Heimanbau (Erde, Lampen, Dünger) ist legal, solange damit THC-armer Nutzhanf (unter 1 % THC) angebaut wird. Der Anbau von hoch-THC-haltigem Cannabis bleibt illegal.
- Lifestyle: Textilien, Hanf-Lebensmittel (Samen, Öle) und andere Accessoires runden das legale Angebot ab.
3. Der kontrollierte Zugang: THC durch Pilotversuche
Die politische Debatte über eine umfassende Cannabis-Regulierung in der Schweiz führte 2021 zu einer Gesetzesänderung, die wissenschaftliche Pilotversuche mit kontrollierter Abgabe von THC-Cannabis zu Genusszwecken ermöglichte. Diese Versuche sind der einzige legale Weg, wie Erwachsene in der Schweiz derzeit THC-Cannabisprodukte über 1 % legal erwerben können.
Das Ziel
Die Studien, wie zum Beispiel “Züri Can” (Zürich) oder “Weed Care” (Basel), sollen eine wissenschaftliche Grundlage für die künftige Drogenpolitik schaffen. Sie untersuchen die Auswirkungen eines regulierten Marktes auf die öffentliche Gesundheit, den Schwarzmarkt und das Konsumverhalten.
Die Abgabe: Kein freier Markt
Die Abgabe der THC-Produkte erfolgt nicht über einen freien Online-Shop, sondern unter extrem strengen Auflagen:
- Teilnehmerkreis: Nur registrierte und volljährige Studienteilnehmer, die nachweislich bereits Cannabis konsumieren und in der jeweiligen Region wohnhaft sind, dürfen teilnehmen.
- Bezugsquellen: Der Kauf findet ausschliesslich über lizenzierte, physische Bezugsstellen statt, die oft Apotheken sind (wie bei “Weed Care” in Basel) oder speziell eingerichtete, kontrollierte Fachgeschäfte/Clubs (wie z.B. “Grashaus Projects” in Baselland).
- Online-Elemente: Obwohl die Anmeldung für die Studien online erfolgen kann (z.B. über spezielle Registrierungsportale), dient die Online-Präsenz lediglich der Verwaltung und Information, nicht dem freien Verkauf. Der eigentliche Kauf und die Abgabe des THC-Produkts erfordern immer eine persönliche Interaktion und Kontrolle.
- Produktqualität: Die Produkte müssen hohen Qualitätsstandards entsprechen und sind auf den THC- und CBD-Gehalt geprüft und deklariert – ein klarer Unterschied zum unsicheren Schwarzmarkt.
Der “Online-Shop” im Studienkontext
Einige Pilotversuche bieten ihren registrierten Teilnehmern einen geschlossenen Member-Online-Shop oder eine ähnliche Plattform. Diese dient zur Bestellung und Reservierung der Produkte, um Wartezeiten in den physischen Abgabestellen zu vermeiden. Die Abholung und Bezahlung muss jedoch in den allermeisten Fällen vor Ort erfolgen, um die gesetzlich vorgeschriebene Kontrolle (z.B. Identitätsprüfung, Menge, Beratung) zu gewährleisten. Dieser interne Mechanismus ist strikt vom freien Online-Handel zu unterscheiden.
Zusammenfassung
Die Schweiz ist ein Vorreiter im Umgang mit Cannabis, aber die rechtliche Trennung zwischen legalem CBD (unter 1 % THC) und illegalem/reguliertem THC (über 1 % THC) bleibt fundamental. Der Traum vom “Ersten Online-Shop für THC Cannabis in der Schweiz” ist in der Praxis der CBD-Branche Realität geworden (für THC-arme Produkte), während der Zugang zu berauschendem THC streng auf die wissenschaftlichen Pilotversuche beschränkt ist, die in erster Linie über Apotheken oder spezielle Abgabestellen und nicht über einen freien E-Commerce-Shop erfolgen.
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